Was tun mit gefundenen Bilchen?


Siebenschläfer werfen zwischen Anfang August und Mitte September, Haselmäuse zweimal: Ende Juni und Ende Juli, Gartenschläfer Mai-Juli und Baumschläfer Anfang Juni bis Mitte Juli. In dieser Zeit werden hin und wieder verwaiste junge Bilche von Spaziergängern aufgefunden. Hier sind einige Tips aufgeführt, wie man sie aufpäppelt und, wenn nötig, zu Hause überwintern läßt, die ich hauptsächlich Gisela Schiestl sowie der Webseite Caring for Orphaned Baby Rats or Mice verdanke. Weitere eventuell auf Bilche übertragbare Tipps gibt es (auf Deutsch) auch unter Ratten, Hamster und Mäuseaufzucht. Wenn Sie eigene Erfahrungen haben, von denen andere Bilchwirte profitieren können, würde ich mich über eine Mail an bilch@glirarium.org freuen.

Extrem niedliches Bilchaufzuchtfoto von Peter und Muscha Schütz -
empfindsame Gemüter halten bitte Taschentücher bereit:
Extrem niedliches Bilchfoto
(30 k, zum Vergrößern anklicken)

Anders als Brehm behauptet, können Siebenschläfer übrigens durchaus zutraulich werden und sind als Haustier eher wegen ihrer Nagefreude ungeeignet. Zum Schutz der Möbel und Türrahmen sollte man sie in einen Käfig stecken, aber ihr Bewegungsdrang ist groß, so daß das langfristig keine bilchfreundliche Lösung ist. Haselmäuse waren noch vor etwa hundert Jahren übliche Haustiere.

Jugendentwicklung der Bilche

Alter in Tagen Siebenschläfer Haselmaus
Gartenschläfer Baumschläfer
1 Körper 4 cm, Schwanz 2 cm, Gewicht 1-2 g, schüttere, sehr feine, helle Börstchen am Körper, Finger und Zehen völlig verwachsen, Ohrmuscheln vorgeklappt und mit der Kopfhaut verwachsen. Körper 1,5 cm, Schwanz 1,5 cm, Gewicht 1-2 g, nackt, blind, rosa
6 Körper 5 cm, Schwanz 2 cm, Gewicht 5 g, Ohrmuscheln dem Hinterkopf anliegend
9 Körper 6 cm, Schwanz 2 cm, Gewicht 7 g
10-11 Erst Finger, dann Zehen völlig getrennt
12-13 Körper 7 cm, Schwanz 3,5 cm, Gewicht 9 g, Zähne brechen durch, Gehörgang offen, Ohrmuscheln abstehend, ungeschicktes Laufen grauer Jugendpelz Körper 5 cm, Schwanz 4,8 cm, Gewicht 8-9 g
16 Dichter, kurzhaariger, dunkler Pelz am ganzen Körper Augen öffnen sich
18 Augen öffnen sich Augen öffnen sich, Zähne brechen durch
21-23 Körper 7 cm, Schwanz 4,5 cm, Gewicht 19 g, Augen öffnen sich. Geruchs- und Tastsinn ausgereift. Erstmals feste Nahrung.
28 Körper 8 cm, Schwanz 7 cm, Gewicht 24 g erste feste Nahrung
30 Säugen wird zunehmend eingestellt Körper 6 cm, Schwanz 6,5 cm, Gewicht 11 g
33 Kletterfähigkeit ausgereift
35 Körper 10 cm, Schwanz 9 cm, Gewicht 31 g Ende des Säugens
40 Selbständig
46 Körper 10,5-12,5 cm, Schwanz 9-11 cm, Gewicht 50-53 g, weitgehend selbständig, Schwanz wird buschiger
57-60 Körper 11-13,5 cm, Schwanz 10-12 cm, Gewicht 71-85 g Körper 7 cm, Schwanz 8,5 cm, Gewicht 17 g, selbständig
67 Gewicht 106-116 g, beginnen, zum Winterschlaf in die Erde zu gehen.

Bilche, die zu jung sind, um selbständig zu fressen
Ihre Pflege ist eine Vollzeitaufgabe. Bilchbabies bekommen am besten Esbilac, einen beim Tierarzt erhältlichen Muttermilchersatz; von anderer Milch können sie Durchfall bekommen. Bis man den Milchersatz beschafft hat, kann man sich mit sterilisierter Kondensmilch behelfen; nur wenig verdünnen, da Bilchmilch sehr fett ist. Bei Durchfall kleine Mengen Heidelbeersaft oder Tee probieren. Sehr junge Tiere können sich nicht selbständig entleeren; man streicht ihnen dazu leicht mit einem warmen nassen Wattebausch oder dem Finger über die Genitalien (sonst erledigt das die Bilchmutter mit der Zunge). Solange sie nackt sind, sollten sie mit Hilfe eines Heizkissens oder einer Wärmflasche gewärmt werden. Solange sie nicht ausreichend erwärmt sind, trinken sie nicht. Achtung: nicht überheizen, sonst dehydrieren sie. Die unmittelbare Gefahr besteht vor allem im Flüssigkeitsmangel, der zuerst behoben werden muß. Die ersten 12 oder 24 Stunden sollten sie keine Milch bekommen, sondern nur Fencheltee, dann langsam an die Milch gewöhnen (zuerst verdünnen). Vor dem Füttern wiegen und dann die Hälfte des Körpergewichts zufüttern  Dazu eine Pipette o.ä. benutzen (Vorsicht: die Flüssigkeit darf nicht in die Lunge gelangen). (Das mit der Hälfte des Körpergewichts stimmt eventuell gar nicht; für diesen Hinweis danken wir Michaela Schörg-Oppowa. Wichtig ist halt, dass die Jungen nicht ab- sondern zunehmen und so viel trinken, wie sie wollen.) In der ersten Lebenswoche sollten sie alle 1-2 Stunden gefüttert werden (sechs- bis achtmal täglich und mindestens einmal nachts), in der zweiten Woche alle 3-4 Stunden (fünf- bis sechsmal täglich, einmal nachts), später viermal täglich. Die erste feste Nahrung sollte nicht zu hart sein.

Weitere Infos von Sabine Ebbecke:

Ich habe schon mehrfach kleine Gartenschläfer aufgezogen, die kleinsten habe ich mit verflüssigtem Baby-Obstbrei gefüttert auf einem Wattestäbchen, das die Schläfer brav abgeleckt haben. Außerdem habe ich auf die gleiche Art Wasser zugefüttert. Nachdem sie selber fressen konnten, bin ich beim Obstbrei geblieben, weiterhin Wasser und außerdem noch Babybrei mit Eiweiß, also Fleisch. Sie sind prächtig gediehen, aber sehr scheu geblieben. Ich habe sie dann in die Fasanerie in Wiesbaden gebracht, einen Tierpark, wo es eine bestehende Kolonie gab.

Bericht von einer schwierigen Bilch-Aufzucht (Johanna aus Wien)

gewicht.gif (31699 Byte)
Gewichtsentwicklung von Siebenschläfern des Mündener Freigeheges von der Geburt am 14.8.
bis 19.10.1956 über 68 Tage bis zum Beginn des Winterschlafs.
(Aus: Vietinghoff-Riesch, Arnold Frhr. von: "Der Siebenschläfer (Glis glis L.)", Gustav Fischer Verlag, Jena 1960)

 

Bilche, die hilflos aufgefunden werden, aber selbständig fressen können
Man steckt sie in einen Käfig oder ein großes Aquarium und päppelt sie auf. Die Ernährung ist nicht weiters schwierig, sie fressen so ziemlich alles: Obst, Nüsse ("Erdnüsse besitzen eine starke Anziehungskraft", v. Vietinghoff-Riesch), Möhren, Hamsterfutter, Müsli, Hundekuchen, hin und wieder hartgekochte Eier, Speck, Wurst, Grillen, Mehlwürmer. Wasserschüssel nicht vergessen. Der Käfig sollte möglichst geräumig sein - ihr Bewegungsdrang ist groß - und ein Versteck (Kiste, Rohr etc.) bieten. Sie brauchen Unterhaltung: ein Hamsterrad, ein herabhängendes Seil oder andere Spiel- und Klettermöglichkeiten, außerdem Äste oder Nagesticks für die Zähne.
Zum Winterschlaf kann man sie wieder aussetzen, netter ist es aber, sie bis zum Frühjahr zu behalten und dann erst in die freie Natur zu entlassen: das vergrößert ihre Überlebenschancen. Wenn man sie unbedingt noch im Herbst wieder loswerden will, sollte man sie mitsamt einem geeigneten Nistkasten und einem Futtervorrat für den Anfang entlassen; möglichst dort, wo man sie gefunden hat. Für den Winterschlaf eignet sich der Raum zwischen Doppelfenstern oder ein gleichmäßig kühler Keller / Lichtschacht / Treppenhaus. Achtung: keine feuchten Keller - es sind schon Schläfer im Schlaf an Schimmelpilz erkrankt und verstorben. Der Schlafplatz sollte trocken und zwischen 0° und 10° C sein; darüber wachen sie auf und brauchen mehr Futter und Wasser, darunter können sie erfrieren. Futter und Wasser regelmäßig kontrollieren, Bilche schlafen oft nicht durchgehend. Man kann sie auch bei normalen Temperaturen in der Wohnung halten; sie fallen dann nicht in Winterschlaf. Um einen Sommertag zu simulieren, sind 14 Stunden Licht günstig.

Die einheimischen Bilche sind geschützte Arten. Man darf sie nicht einfangen, halten, kaufen oder verkaufen. Wer verletzte oder hilflose Bilche aufnimmt, muß sie wieder in die freie Natur entlassen, sobald sie selbständig überleben können (sinnvollerweise im Frühjahr).

 

Graphiurus-Bilche als Haustiere
Wer Bilche als Haustiere halten will, ist auf die afrikanischen Graphiurus-Bilcharten angewiesen, die man auch in Deutschland im Fachhandel kaufen kann. Sie werden etwa fünf bis sechs Jahre alt, sind soziale Tiere und sollten nicht allein gehalten werden, sondern mindestens in Paaren gleichen Geschlechts, die einander von klein auf kennen. Sie sollten mindestens fünf Wochen alt sein, wenn man sie bekommt. Probleme mit den Atemwegen sind nicht selten und ziemlich ansteckend: zeigt ein Tier beim Händler solche Symptome, sollte man auch kein anderes kaufen, das gesund wirkt. So richtig aktiv werden sie, wenn es ganz dunkel ist; wenn man den Käfig nachts mit Rotlicht ein bisschen beleuchtet, kann man ihnen besser beim Spielen zusehen. Der Käfig sollte so groß wie irgend möglich sein und reichlich Spielmöglichkeiten enthalten.

Zur Graphiurus-Haltung ein Bericht von Achim Raschka:

Ich selbst halte seit ca. einem Jahr Afrikanische Zwergsiebenschläfer (Graphiurus murinus) und habe in diesem Sommer bereits den ersten Wurf von 5 Jungtieren zu melden. Entsprechend denke ich, meine Haltung ist ziemlich erfolgreich. Bei mir leben die Tiere (durch die Jungen im Moment etwas beengt) in einem Terrarium 100 x 60 x 40 (Höhe x Breite x Tiefe) (ein hohes Terrarium halte ich für sehr wichtig!), dessen Rückseite mit einem rauhen Kork beklebt ist und das an der Vorderseite mit Schiebetüren geöffnet werden kann. Als Klettermöglichkeiten habe ich einen großen Weinrebenast sowie ein dickes Bambusrohr, das gleichzeitig als Wohnmöglichkeit dient, eingestellt. Außerdem finden die Tiere in einer Kokoskugel und einer halben Schale Versteckmöglichkeiten. Der Untergrund ist ausgelegt mit Kleintierstreu und Heu. Ich benutze keine Heizung und keine künstliche Beleuchtungsquelle für die Tiere, der Raum hat jedoch eine nächtliche Temperatur von minimal 15° C.

Die Haltung der Tiere ist recht unkompliziert, sie brauchen jedoch eine abwechslungsreiche Nahrung. Wichtig ist es vor allem, auch tierisches Eieiß zu füttern. Dies kann recht einfach über Hackfleisch oder Käse geschehen, auch Katzentrockenfutter (z.B. Brekkies) werden angenommen. Außerdem füttere ich die Tiere mit Zophobas-Larven, die innerhalb weniger Minuten weggefressen sind. Außerdem müssen die Tiere auch pflanzliche Nahrung bekommen: Sonnenblumenkerne, unbehandelte Erdnüsse, Frisch- und Trockenobst etc.. Besonders gern gefressen werden Bananen.

Die Reinigung erwies sich als eine echte Herausforderung. Die Tiere sind, verglichen mit anderen Kleinsäugern, sehr unsauber, haben keinen "Toilettenbereich", so daß alle Einrichtungsgegenstände regelmäßig gründlich gereinigt werden müssen. Dabei sollte man mit den Tieren sehr vorsichtig sein, sie sind sehr schnell und schwer zu halten. Ich fange sie immer vorher mit einer Kunststoffschachtel oder versuche, sie in ihrem Rohr einzusperren (mit Stoff und Gummis).

Bei ihren Eltern benötigen die Jungtiere keine Sonderbehandlung. Eigentlich bekommt man die Schwangerschaft bei diesen scheuen Tieren gar nicht mit, ebensowenig die Geburt, die nur durch einige laute Geräusche auffällt. Irgendwann laufen dann plötzlich einige Tiere mehr im Behältnis herum oder man findet beim Saubermachen die Jungtiere. Diese sollten einige Wochen bei den Eltern bleiben, bei einem kleinen Wurf auch dauerhaft. Bei einem Terrarium meiner Größe würde ich jedoch nicht mehr als 4 - 5 Tiere gemeinsam halten.

Vielen Dank :-)

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