Eine schwierige Bilch-Aufzucht


Ich habe vor 5 Wochen einen jungen Siebenschläfer auf unserem Dachboden gefunden (zu der Zeit hatte es am Dachboden 40 Grad, da gerade eine Hitzewelle herrschte). Wir ließen ihn zuerst liegen, um abzuwarten, ob seine Mutter ihn holen würde (sie wurde tags darauf auf dem Speicher gesichtet). Doch nach Stunden lag er immer noch dort. So beschloss mein Vater, ihn mitzunehmen. Sie müssen wissen, ich bin dreizehn Jahre alt. Zunächst wussten wir nicht, was zu tun war und so riefen wir unseren Tierarzt an. Der wusste auch nicht wirklich Rat und blätterte in seinen Büchern. Er sagte uns, wir sollten ihn mit Kuh- oder Katzenmilch aufziehen.

Unser Siebi befand sich in einem schrecklichen Zustand: den Kopf schief haltend und ein Auge eitrig und blutig (das andere Auge war sehr schön, wie eine Perle oder ein Knopf), sehr langsame Bewegungen machend, und nur 15 Gramm wiegend. An diesem Tag wusste ich noch nicht, was ich mir angetan hatte! Da meine Eltern mir vertrauten und wussten, wie pflichtbewusst ich bin, übergaben sie ihn mir und erklärten mir, ich sei nun für ihn verantwortlich. Na supa! Während meine Freunde aus der Schule auf Partys waren, saß ich zu Hause und drückte/presste meinem Siebenschläfer alle zwei Stunden Kuhmilch ins Maul. Und nicht zu vergessen: alle drei Stunden eine neue Wärmflasche! Auch nachts! Alle zwei Stunden, wissen Sie, was das bedeutet? Aufstehen ... anfänglich hatte ich ja noch Ferien, aber vor drei Wochen begann die Schule. Das Beste kommt ja noch ... er beißt. Man müht sich ab und tut und macht, was man kann, und er? Sieht den Finger und kommt schon mit offenem Mund, jederzeit bereit, zuzubeißen, auf mich zugelaufen. Aber so lieb und flauschig wie er ist ... Mit der Zeit hatte ich ihn wirklich sehr liebgewonnen und fürchtete mich vor dem Gedanken, dass er bald sterben würde. Das nahm ich zuerst an, da ich schon viele junge Tiere besessen habe und mir alle krepiert sind. Meist wegen irgendwelcher Vitaminmängel. Und bevor ich mir Hoffnungen machte, hielt ich es für das Sinnvollste, mit dem Schlimmsten zu rechnen.

Nach der ersten Woche kamen wir durch Zufall drauf, dass eine im Ort Wohnende, die eine Zoohandlung besitzt, auch einen Siebenschläfer großgezogen hatte, den sie dann frei ließ, der aber immer wieder zurückkehrte. Insgesamt hatte sie ihn 17 Jahre. Sie sagte uns, dass wir mit Kuhmilchfüttern alt werden, bis dieser ein Gramm Fett zunimmt. Sie riet uns, es mit Babyersatznahrung (oder ich glaub Folgemilch) für die ersten Wochen zu versuchen. Das taten wir auch, doch bis auf das, dass der einäugige Siebi den Kopf nicht mehr schiefhielt, änderte sich sein Zustand nicht. Er nahm nicht einmal an Gewicht zu ... Dann verlor er auch noch seine Haare, er war ganz nackt. Doch er bekam wieder Fell, ein anderes, aber ein dichteres. Ob das nur eine Mauserung war oder eine Erkrankung ... ich weiß es nicht.

Bis zur vierten Woche war alles ein Krampf, aber dann: von da an gings bergauf. Er nahm täglich ca. drei Gramm zu und wurde folglich immer fetter. Ja genau, vom Tierarzt bekamen wir eine Augensalbe, "Refobacin", diese war, glaub ich, ein Antibiotikum. Die Salbe half gut und minderte die Entzündung. Doch es bestand keine Möglichkeit, dass das Auge wie das andere wurde, da er keinen Augapfel besaß. Doch der Eiter war weg. Bluten tat es nur am ersten Tag.

Fünfte Woche: nun sitzt er 80 Gramm schwer in seinem Rattenkäfig und lässt mich nachts wegen seiner Aktivitäten (im Hamsterrad laufen, am Seil schwingen, Nüsse nagen, Gitterstäbe nagen ... auf jeden Fall Lärm machen) nicht schlafen. Und jeden Abend, wenn er für zwei Stunden im Wohnzimmer freigelassen wird, fetzt er durch die Wohnung. Na, was solls, die vier Augenringe mehr oder weniger ist auch schon wurscht *gg*. Jetzt gehts ihm sehr gut, und ich glaube, er hat große Chancen zu überleben.

Dieser Bericht wurde uns netterweise zugeschickt von Johanna aus Wien.


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