Der Schrankbilch


Wir haben das Wochenende in einem Waldhüttchen in der Nähe des Neckars verbracht und lustigen Besuch bekommen: Schwungvoll durch das Ofenrohr heruntergeflitzt kam ein silberner Siebenschläfer aus dem Luftloch des Bollerofens (der freilich nicht in Betrieb war!) und machte uns erstaunliche Kunststückchen wie Senkrecht-an-der-Wand-rumlaufen oder Gar-keine-Angst-vor-Menschen-haben vor. Obwohl wir ihn aus nächster Nähe mit der Taschenlampe beleuchteten (in dem Haus gibt es kein Licht), hatte er gar keine Angst. Er verschwand dann in seinem Schlafschrank (Erkennungszeichen: Riesenloch in der Schrankseite!). Während der Nacht wollten uns scheinbar noch andere Freunde besuchen (alle halbe Stunde runmpelte es im Ofenrohr), aber wir hatten das Löchlein zugeschoben. Zuerst hatten wir Angst, die Bilche würden dann alle hilflos im Ofen sitzen, aber wir stellten erstaunt fest, daß sie alle wieder mit entsprechendem Getöse die Ofenröhre hochrasen konnten und wieder auf dem Dach rumhopsten. Am nächsten Nachmittag trauten wir uns, den Schrank zu öffnen - und da saß der Siebenschläfer in einem schönen Nest bzw. Bett aus Schnipseln und allen Sachen, die man zerraspeln kann - und fauchte uns an. Bei unserer Abreise schob mein Mann das Luftloch am Ofen zu, damit die Bilche nicht dauernd Schnipseljagden und Mannschaftsspiele im Haus machen. Mich überkam jedoch der Gedanke an den armen, jetzt im Haus eingesperrten Schrankbilch. Bei dem Gedanken, daß der in seinem Nest vielleich Babies haben könnte, die dann nicht mehr durch den Eingang "Ofenrohr" versorgt werden könnten und am Ende jämmerlich sterben würden, schossen mir die Tränen in die Augen. Wir schlossen einen Kompromiß: Wenn Bilchkinder im Nest sind, bleibt das Ofenloch auf, wenn nicht, dann findet der Bilch einen anderen Ausgang - oder er macht sich eben einen. Wir fanden aber keine Kinder und ich mußte mit gemischten Gefühlen das Haus verlassen. Die Besitzer des Hauses hatten uns vorgewarnt, es wohnten die Haselmäuse darin, aber es sind eindeutig Siebenschläfer: hellgrau, groß und ein mächtig puscheliger Schwanz, der genauso lang wie der Körper ist. Am liebsten hätte ich ja die Haustür aufgelassen, damit auch ja alle Bilche, Wildschweine und Hirsche darin wohnen können ...

Dieser Bericht wurde uns netterweise zugeschickt von Annette und Daniel Bernbeck.


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